Fachliche Standards

Fachliche Standards der Sozialen Arbeit mit jungen Menschen im Partizipationsfeld Fußball

Die in Deutschland tätigen Fanprojekte, welche nach dem „Nationalen Konzept Sport und Sicherheit“ (NKSS) und auf Grundlage des SGB VIII arbeiten, leisten Soziale Arbeit mit Fußballfans. Die Fanarbeit, die durch die beim Verein ansässigen Fanbeauftragten geleistet wird, ist von der Sozialen Arbeit mit Fußballfans zu unterscheiden.
Soziale Arbeit mit Fußballfans orientiert sich im Gegensatz zur Fanarbeit an dem Individuum im Ganzen und nicht zwingend an den am Spieltag sich präsentierenden Fußballfan. Soziale Arbeit mit Fußballfans, wie sie durch die Fanprojekte geleistet wird, ist mobile Jugendarbeit. In der Sozialen Arbeit mit Fußballfans, der sogenannten Fansozialarbeit, geht es um Belange, Bedürfnisse, Probleme und Bedarfe von jungen Menschen deren Lebenswelt zu großen Teilen durch ihre Affinität zu einem Fußballverein geprägt ist.
Die Fanprojekte in Deutschland arbeiten inhaltlich und fachlich ähnlich den fachlichen Standards der BAG Streetwork / Mobile Jugendarbeit e.V. Im Folgenden werden die von der BAG Streetwork / Mobile Jugendarbeit e.V. formulierten Handlungsmaxime aufgegriffen und auf die Fansozialarbeit der Fanprojekte passend neu beschrieben und ergänzt.

Handlungsmaxime Freiwilligkeit:
Im Rahmen der aufsuchenden Tätigkeit verhalten sich die FanprojektmitarbeiterInnen als Gäste an den Treffpunkten der jungen Fußballfans. Bei einer gefühlten Unerwünschtheit versuchen die FanprojektmitarbeiterInnen zu einem anderen Zeitpunkt erneut Kontakt aufzubauen. Fanprojekte verstehen sich ebenso als Gastgeber für Angebote verschiedenster Art. Alle Angebote sowie die Kontakte zu MitarbeiterInnen der Fanprojekte basieren auf Freiwilligkeit. Über die Dauer und die Intensität des Kontakts entscheiden die jungen Fußballfans.

Niederschwelligkeit und Flexibilität:
Die Angebote und Kontakte des Fanprojekts sind so gestaltet, dass sie von dem Großteil der jungen Fußballfans ohne Vorkenntnisse, Bedingungen und Voraussetzungen in Anspruch genommen werden können. Die Zeiten und Orte der Angebote sind flexibel gestaltet und an den Bedarfen und Bedürfnissen der jungen Fußballfans orientiert.

Bedürfnis- und Lebensweltorientierung:
Die Fansozialarbeit versteht das Handeln und Denken der jungen Fußballfans vor dem Hintergrund, dass Fußball und Fankultur ein sehr prägnanter Teil deren Lebenswelt und somit auch deren Persönlichkeit ist. Die MitarbeiterInnen versuchen die sich daraus ergebenden Bedürfnisse zu erkennen und gemeinsam mit den jungen Fußballfans Angebote zu entwickeln.

Akzeptanz:
Unabhängig von Lebenssituation, Einstellung und Lebensstil der jungen Fußballfans begegnen die MitarbeiterInnen der Fanprojekte den jungen Fußballfans mit Achtung und Wertschätzung ihrer Person. Die MitarbeiterInnen verstehen das teilweise riskante Handeln und die Entscheidungen der jungen Fußballfans aufgrund ihrer Empathiefähigkeit. Sie gehen davon aus, dass die jungen Fußballfans Gründe für ihr Verhalten haben und setzen sich mit Ihnen darüber auseinander.

Vertrauensschutz und Anonymität:
Die MitarbeiterInnen der Fanprojekte geben keine personenbezogenen Daten und Informationen an Andere weiter ohne die Einverständnis der/des jungen Fußballfans.

Parteilichkeit und Ressourcenorientierung:
Fansozialarbeit ist an den Stärken und nicht an den Defiziten von jungen Fußballfans interessiert. Es gilt die Stärken und Kompetenzen der jungen Menschen aufzuzeigen, zu fördern, zu erweitern und in den Mittelpunkt zu rücken um alternative Handlungsmöglichkeiten selbst zu finden und bei Problembewältigungen diese zu nutzen. Die Fanprojekte übernehmen Interessenvertretungs- und Lobbyfunktion für die jungen Fußballfans.

Beziehungsarbeit:
Eine Grundlage der Fansozialarbeit besteht darin, zu den jungen Fußballfans Kontakt in Form von aufsuchender Arbeit und speziellen Angeboten (Sprechzeiten, Räumlichkeiten, freizeit- und erlebnispädagogische Angebote) aufzubauen, diesen Kontakt zu halten und zu vertiefen, um eine tragfähige und belastbare Beziehung zu schaffen. Das Vertrauen soll langsam durch kontinuierliche, verlässliche und über einen längeren Zeitraum dauernde aufsuchende Arbeit und Angebote aufgebaut werden. Authentizität und Transparenz der FanprojektmitarbeiterInnen sind wichtige Voraussetzungen für eine vertrauensvolle Beziehung zu den jungen Fußballfans.

Gender:
Die Fanprojekte berücksichtigen bei ihren Angeboten das geschlechtsspezifische Rollenverhalten und versuchen dazu beizutragen, geschlechtsspezifische Benachteiligungen abzubauen und dementsprechende Angebote zu machen.

Institutionelle Unabhängigkeit und Schnittstellenfunktion:
Um fachlich und professionell zu arbeiten, besteht eine institutionelle Unabhängigkeit der Fanprojekte von dem Bezugsverein, den Sicherheitsorganen (Polizei, Ordnungsdienst) und der Fanszene. Diese Unabhängigkeit bietet den Fanprojekten die Möglichkeit eine Schnittstellenfunktion zwischen den jugendlichen Fankulturen, Vereinen, Verbänden, Medien, Polizei und der Jugendarbeit einzunehmen.

Diskursorientierung:
Die Fanprojekte besitzen eine Kommunikationsfähigkeit, die zur Schaffung von Kommunikationsstrukturen in alle Richtungen (DFB, DFL, Fanbeauftragte, Fanorganisationen, Jugendhilfeeinrichtungen, KOS, Polizei, Verein) genutzt werden kann und wird. Demnach sollen Fanprojekte als Übersetzungs- und Vermittlungsinstanz zwischen den unterschiedlichen Interessenträgern agieren.


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